Wohnen

Eigenmietwert: ein Instrument für die Steuern

Der Eigenmietwert ist vielen Hauseigentümerinnen und -eigentümern ein Dorn im Auge und könnte schon bald abgeschafft werden. Doch was hat es damit genau auf sich?

Spätestens auf der Steuerrechnung werden Besitzerinnen und Besitzer von Wohneigentum damit konfrontiert: Denn wer in seiner eigenen Wohnung oder in seinem eigenen Häuschen wohnt, muss den sogenannten «Eigenmietwert» als Einkommen versteuern. Doch warum ist das so? Die folgenden Fragen und Antworten schaffen Klarheit:

Was ist der Eigenmietwert?

Der Eigenmietwert ist ein Begriff aus dem Schweizer Steuerrecht. Ursprünglich bezeichnet er die «Mietwertbesteuerung der selbstgenutzten Liegenschaften». Er umfasst die Kosten, die beim Mieten der eigenen Liegenschaft anfallen würden. Zugrunde liegt dem Eigenmietwert das solidarischen Steuersystem: Eigentümerinnen und Eigentümer sollen steuerlich gleichbehandelt werden wie Mieterinnen und Mieter. Der Eigenmietwert soll also dafür sorgen, dass man mit dem Besitz einer Immobilie steuerlich nicht besser fährt, als wenn man das identische Objekt mieten würde. Weil die finanzielle Entlastung durch den Besitz von Wohneigentum direkt dem Vermögen der Eigentümerinnen und Eigentümer zugutekommt, unterliegt sie der Einkommenssteuer.

Wie wird der Eigenmietwert berechnet?

Bei der Berechnung des Eigenmietwerts werden Faktoren wie das örtliche Mietzinsniveau, die Wohnfläche, die Lage, die Bauweise und das Alter der Immobilie berücksichtigt. Daraus ergibt sich eine Schätzung, wie viel Miete für ein solches Objekt gezahlt werden müsste. Bund und Kantone berechnen den Eigenmietwert zum Teil unterschiedlich, und auch unter den Kantonen gibt es unterschiedliche Berechnungsvarianten. Deshalb kann es zwei verschiedene Eigenmietwerte geben: einen für die direkte Bundessteuer und einen tieferen für die Kantons- und Gemeindesteuern. Gemäss Bundesgericht muss der Eigenmietwert im Kanton Bern bei der Kantons- und Gemeindesteuer mindestens 60 Prozent der Marktmiete und bei der direkten Bundessteuer mindestens 70 Prozent der Marktmiete betragen. Auch bei Zweitwohnungen gibt es einen Eigenmietwert. Dabei kommt aber immer der höhere Mietwert für die direkte Bundessteuer zur Anwendung. Die gesetzliche Förderung des Wohneigentums mit einem tiefen Eigenmietwert gilt nur für Liegenschaften, die als Hauptwohnsitz dienen.

Wie erfolgt die Berechnung in den Kantonen Bern und Solothurn?

Einen detaillierten Einblick in die Bewertungssysteme liefert das 34-seitige Regelwerk  der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Demnach nimmt der Kanton Solothurn die Berechnung auf Basis des Katasterwerts (KS-Wert) vor (zwischen 25 und 45 Prozent des Verkehrswerts einer Liegenschaft). Der Kanton Bern dagegen berechnet den Eigenmietwert mit dem «Protokollmietwert». Das ist der Basismietwert, der bei Bewertung der Grundstücke nach den Normen der kantonalen Schatzungskommission resultiert. Um die «Eigentumsbildung», also den Erwerb von Wohneigentum, zu fördern, legt das bernische Steuergesetz die Eigenmietwerte etwas tiefer fest als der Bund. Wer den Eindruck hat, dass der Eigenmietwert zu hoch eingeschätzt wurde, kann die Berechnung anfechten. Zum Beispiel können ungenutzte Räume (etwa nach dem Auszug der Kinder) zur Senkung des Eigenmietwerts führen.

Welche steuerlichen Auswirkungen hat der Eigenmietwert?

Der festgelegte Eigenmietwert muss in der Steuererklärung als Einkommen deklariert werden. Im Gegenzug können Hauseigentümerinnen und -eigentümer die Hypothekarzinsen und die Unterhaltskosten für Wohneigentum sowie die Liegenschaftssteuern abziehen. Somit unterliegt nur die Differenz der Einkommenssteuer. Wichtig ist, dass man beim Ausfüllen der Steuererklärung auch tatsächlich an diese Abzüge denkt und so die durch den Eigenmietwert erhöhte Steuerlast wieder mindert.

Wird der Eigenmietwert abgeschafft?

Der Bundesrat (25. August 2021) und der Ständerat (21. September 2021) unterstützen eine Abschaffung des Eigenmietwerts und einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Wenn nun auch noch der Nationalrat zustimmt, könnte der Eigenmietwert von selbstbewohntem Wohneigentum abgeschafft werden. Die genauen Rahmenbedingungen sind aber noch nicht geklärt. Denkbar ist, dass im Falle einer Abschaffung die Unterhaltskosten und die Schuldzinsen nicht mehr abgezogen werden können. Auch der Geltungsbereich der Gesetzesänderung ist noch nicht klar: So steht zur Diskussion, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts nur selbst bewohntes Wohneigentum am Hauptwohnsitz betreffen könnte – für Zweitliegenschaften wie Ferienwohnungen müsste der Eigenmietwert weiterhin versteuert werden. Zudem ist der Termin für den Systemwechsel noch offen. Es ist beispielsweise denkbar, dass das fakultative Referendum ergriffen wird und das Volk darüber abstimmen kann.

Möchten Sie mehr zum Eigenmietwert erfahren? In der Herbstausgabe 2021 des BEKB Immobilien-Barometers  erfahren Sie, wie sich die Abschaffung des Eigenmietwerts auf Besitzerinnen und Besitzer von Wohneigentum auswirken würde (ab dem 4. November online).

Am Onlineanlass  vom 16. November 2021 gibt Noemi Capelli (Investment Strategist und Ökonomin bei der BEKB), Marcel Oertle (Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Deparements Privat- und Geschäftskunden bei der BEKB) sowie Prof. Dr. Donato Sconamiglio (Immobilien-Beratungsunternehmen IAZI) zum gleichen Thema Auskunft.

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Publikationsdatum: 13.10.2021

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