Berner KMU-Barometer

Fachkräftemangel und finanzieller Druck belasten die Berner KMU

KMU sind der Motor und das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Fachkräftemangel und finanzieller Druck gehören aktuell zu ihren drängendsten Nöten, ebenso die konjunkturelle Unsicherheit. Noëmi Capelli, Ökonomin bei der BEKB und Dominique Iseli, Leiter Firmenkunden, ordnen die Resultate des neusten Berner KMU-Barometers ein.

Rund doppelt so viele Firmen wie 2022 haben sich dem 4. Berner KMU-Barometer gestellt. 1026 kleine und mittlere Unternehmen gaben ihre Stimme ab. Die repräsentative Umfrage wurde gemeinsam mit dem Gewerbeverband Berner KMU, gfs-zürich, dem Handels- und Industrieverein des Kantons Bern, dem Berner Arbeitgeberverband und der Standortförderung Kanton Bern durchgeführt. Dies im Zeitraum vom 18. September bis 9. Oktober 2023.

Der KMU-Barometer zeigt auf, wie die Firmen ihre aktuelle Situation, die Entwicklung und die Aussichten für die nächsten Monate beurteilen. Die Resultate werden jeweils jenen der Befragungen 2020 bis 2022 gegenübergestellt. Alle Auswertungen finden Sie unter: kmu-barometer.gfs-zh.ch

Gibt es zum Auftakt ein Resultat, das euch am aktuellen Berner KMU-Barometer besonders freut?

Ja. Die Berner KMU investierten 2023 vor allem in ihre Mitarbeitenden. Das ist eine sehr nachhaltige, langfristig orientierte Investition in die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Zudem beurteilen auch dieses Jahr noch die meisten Betriebe (74%) die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens als (sehr) gut. Dieser Anteil ist allerdings schon seit zwei Jahren rückläufig.

Dominique, gibt es ein Resultat, das dich besonders überrascht?

Ich habe damit gerechnet, dass Personalfragen – und insbesondere der Fachkräftemangel – wichtige Themen sind. Wir hören das immer wieder im Austausch mit den KMU. Wie dominant das Thema ist, insbesondere bezüglich Investitionsschwerpunkte 2023, hat mich dann doch überrascht. Das zeigt jedoch, dass die KMU entschlossen handeln und bereit sind, bedeutende finanzielle Mittel einzusetzen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Uns beschäftigen bei dieser Umfrage auch immer die Rückmeldungen zum Thema Nachfolge. Die Zuversicht, eine geeignete Nachfolge zu finden, ist gegenüber allen drei vorangehenden Jahren gesunken. Das ist kein positives Signal, denn erfolgreiche Nachfolgeregelungen sind entscheidend für die Zukunft der KMU. Die umfassende Beratung im Zusammenhang mit Nachfolgelösungen ist darum im Firmenkundengeschäft der BEKB seit Jahren ein Schwerpunktthema

Die umfassende Beratung im Zusammenhang mit Nachfolgelösungen ist im Firmenkundengeschäft der BEKB seit Jahren ein Schwerpunktthema.

Dominique Iseli, Leiter Firmenkunden

Der Fachkräftemangel drückt am stärksten auf die Stimmung der Berner KMU. Dominique, wie nimmst du diesen Druck bei BEKB-Firmenkunden wahr?

Wenn uns Unternehmerinnen und Unternehmer – oder auch das Management – von ihren täglichen Herausforderungen berichten, haben die Rekrutierung und das Halten von qualifizierten Mitarbeitenden in den letzten Jahren klar an Bedeutung gewonnen. Arbeitnehmende sind in einer starken Verhandlungsposition und können oft zwischen verschiedenen Optionen wählen. Die KMU reagieren darauf unternehmerisch und zukunftsgerichtet, mit gezielten Investitionen. Das hat auch – aber nicht nur – eine finanzielle Komponente. Lohnerhöhungen liegen bei den möglichen Lösungsansätzen an vierter Stelle. Höher bewertet werden kulturelle Themen (Steigerung des WIR-Gefühls) und Flexibilität (Vereinbarkeit Familie und Beruf sowie Teilzeitstellen).

Ebenfalls grosse Sorgen bereiten der finanzielle Druck und die konjunkturelle Lage. Noëmi, wie ordnest du das ein – und was kannst du den KMU mit auf den Weg geben?

Die Schweizer Wirtschaft hat 2023 deutlich an Dynamik verloren, dies zeigt sich auch in den Umfragewerten. Treiber dafür sind unter anderem die gestiegenen Einkaufs- und Produktionskosten, die zu tieferen Gewinn- und Umsatzzahlen beigetragen haben. Die hemmende Wirkung der gestiegenen Zinsen zeigt sich in den tieferen Investitionen der Firmen. Was mich aber positiv überrascht: Die Kreditaufnahme scheint für die Berner KMU aktuell kein Thema zu sein. Ein Zeichen, dass die Unternehmen noch genügend Liquidität haben, respektive benötigte Kredite relativ gut verfügbar sind. Die konjunkturelle Situation scheint sich für die Unternehmen in den nächsten Monaten nicht stark zu verschlechtern. Das deckt sich mit unseren Erwartungen: Wir gehen nicht von einem schweren Wirtschaftseinbruch in der Schweiz aus – und erwarten im Jahr 2024 ein Wirtschaftswachstum im Rahmen von 1.5%. Insbesondere die Industrie dürfte nach einem herausfordernden Jahr 2023 wieder an Schwung gewinnen. Wir verfolgen unseren Wirtschaftsraum nahe, aktuelle Einschätzungen publizieren wir jeweils in unserem Monats- und Quartalsbericht.

 

Die konjunkturelle Situation scheint sich für die Unternehmen in den nächsten Monaten nicht stark zu verschlechtern. Das deckt sich mit unseren Erwartungen.

Noëmi Capelli, Ökonomin bei der BEKB

Die Energiekrise bereitet den KMU nicht mehr so grosse Sorgen wie noch in der letzten Umfrage. Noëmi, hat auch dieses Thema an Bedeutung verloren?

Die meisten Unternehmen erwarten in den nächsten sechs Monaten effektiv keinen Energieengpass. Die Unsicherheit bezüglich der Energieverfügbarkeit hat sich seit dem Höhepunkt im Sommer 2022 deutlich reduziert. Sofern sich die Unruhen im Nahen Osten nicht ausweiten, gehen wir aktuell ebenfalls nicht von einem weiteren Energieschock aus. Die Energiekosten spielen jedoch nach wie vor eine zentrale Rolle beim gestiegenen finanziellen Druck für die Berner KMU. Insbesondere der Strompreis dürfte die Unternehmen 2024 erneut beschäftigen.

Noëmi Capelli, Ökonomin bei der BEKB und Dominique Iseli, Leiter Firmenkunden

Breadcrumb Navigation | Title

  1. Home
  2. Blog
  3. KMU
  4. Fachkräftemangel und finanzieller Druck belasten die Berner KMU