Nachhaltigkeit

Chancen und Herausforderungen von Netto-Null im Kanton Bern

Der Kanton Bern und die Berner Kantonalbank (BEKB) verfolgen ehrgeizige Klimaziele. Der Weg zu Netto-Null bis 2050 ist anspruchsvoll, insbesondere im Gebäudebereich, der einen wesentlichen Anteil am Energieverbrauch und an den CO₂-Emissionen hat. Im Gespräch mit Ulrich Nyffenegger (Leiter Amt für Umwelt und Energie des Kantons Bern) und Thomas Riesen (Leiter Ökosysteme der BEKB) werfen wir einen Blick auf die zentralen Herausforderungen und Lösungsansätze.

Ulrich Nyffenegger (UN): Welche konkreten Ziele verfolgt der Kanton Bern, um bis 2050 Netto-Null zu erreichen?

UN: Im Zentrum unserer Anstrengungen steht der Gebäudebereich. Bis 2050 sollen im Kanton Bern keine fossilen Heizsysteme mehr betrieben werden. Wir setzen darauf, die Energieeffizienz unserer Gebäude zu maximieren und die Versorgung mit erneuerbaren Energien sicherzustellen.

Thomas Riesen (TR), wie unterstützt die BEKB als Bank das Netto-Null-Ziel, und welche Rolle spielen Finanzdienstleister generell bei dieser Transformation?

TR: Unser grösster Hebel liegt bei den finanzierten Emissionen, insbesondere im Immobilienbereich. Mit dem Beitritt zur Net Zero Banking Alliance haben wir uns verpflichtet, unser Hypothekarportfolio auf einen Netto-Null-Kurs auszurichten. Gleichzeitig setzen wir auch in anderen Bereichen konsequent auf Nachhaltigkeit, zum Beispiel bei nachhaltigen Anlagelösungen und als Arbeitgeberin.

Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen auf dem Weg zu Netto-Null?

UN: Eine der grössten Herausforderungen ist es, die Gebäudeeigentümer zu motivieren, ihre Liegenschaften energetisch zu sanieren. Auch die Elektromobilität stellt uns vor Probleme, da 70 Prozent der Bevölkerung in Mietwohnungen leben und oft keine Lademöglichkeiten für Elektroautos vorhanden sind. Der schrittweise Ersatz fossiler Heizsysteme bleibt ebenfalls eine zentrale Aufgabe. Aber über die Lebensdauer der Anlagen ist das bis 2050 machbar.

TR: Der Blick auf die eigenen Investitionen ist oft mit kurzfristigen Erwartungen und erhofften Vorteilen verbunden. Viele Menschen wollen etwas verändern, aber der Nutzen scheint oft zu weit in der Zukunft zu liegen. Hinzu kommen wirtschaftliche Unsicherheiten und geopolitische Krisen, die nachhaltige Entscheidungen erschweren. Insofern ist ein Umdenken und damit eine langfristige und nachhaltige Betrachtung von Immobilien im ökonomischen und ökologischen Kontext notwendig. 

Wie kann man die Bevölkerung konkret zur Gebäudesanierung motivieren?

UN: Viele sehen den direkten Nutzen einer Sanierung nicht. Dabei bringt eine energetische Sanierung nicht nur weniger Emissionen sondern auch mehr Wohnkomfort. Das war auch der Grundgedanke hinter dem Minergie-Standard. Zudem zeigt uns die geopolitische Lage unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern – das kann helfen, das Thema voranzutreiben.

TR: Wir setzen auf eine ganzheitliche Beratung und nutzen den Kundenkontakt, um das Thema anzusprechen. Es ist wichtig, nicht erst bei einer auslaufenden Hypothek über eine Sanierung zu sprechen, sondern frühzeitig. Unsere Rolle ist es, zu vermitteln und unser Netzwerk mit Expertinnen und Experten aus dem Kanton und der Privatwirtschaft zu nutzen. 

Netto-Null braucht alle – besonders Banken und Versicherungen mit direktem Kundenzugang. Gemeinsam mit dem Kanton treiben wir nachhaltige Veränderungen voran.

Ulrich Nyffenegger Leiter des Amts für Umwelt und Energie des Kantons Bern

Die BEKB muss ihre finanzierten Emissionen in Wohngebäuden bis 2030 um 45 Prozent reduzieren, um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Ist das nicht ein zu ehrgeiziges Ziel?

TR: Das Ziel ist ehrgeizig, und wir nehmen diese Herausforderung an. Wichtig ist, dass wir unsere Kundinnen und Kunden auf diesem Weg begleiten, statt sie mit zu strengen Vorgaben zu überfordern. Zu strenge Vorgaben könnten dazu führen, dass sie die Bank wechseln – und das hilft dem Klima nicht. Deshalb setzen wir auf Beratung und Information. Wer heute in eine nachhaltige Sanierung investiert, profitiert finanziell über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes.

UN: Genau, es kommt auf den richtigen Zeitpunkt und die richtigen Massnahmen an. Dabei spielen Banken und Versicherungen eine zentrale Rolle. Der Kanton unterstützt mit Energieberatungen und Förderprogrammen, aber die Kundinnen und Kunden müssen frühzeitig informiert werden. Die Banken sind oft die ersten Ansprechpartner und deshalb besonders wichtig.

Welche Unterstützung bieten die BEKB und der Kanton für nachhaltige Sanierungen?

TR: Wir sprechen das Thema aktiv in Kundengesprächen an. Jedes Gespräch rund um die Immobilie soll genutzt werden, um über Sanierungsmöglichkeiten zu informieren. Ein hilfreiches Instrument ist der digitale Sanierungsrechner myky, den wir zusammen im Ökosystem mit lokalen Partnern, wie jener der Gebäudeversicherung Bern, mitentwickelt haben. Myky hilft unseren Kundinnen und Kunden, den Sanierungsbedarf ihres Gebäudes zu analysieren und zeigt auf, welche Massnahmen sinnvoll sind, welche Kosten anfallen und welche Förderbeiträge möglich sind. Zudem bieten wir bessere Finanzierungskonditionen für nachhaltige Sanierungen an. Wer sein Gebäude energetisch verbessert und in die CO₂-Kategorie A oder B fällt, erhält eine Zinsvergünstigung. Unser Ziel ist es, eine ganzheitliche Finanzierungslösung zu bieten, die nicht nur fördert, sondern den gesamten Prozess unterstützt.

UN: Solche Instrumente sind enorm wertvoll. Die Bank ist oft die erste Anlaufstelle für die Eigentümer und kann so fundiert beraten – das ist ein grosser Vorteil. Der Kanton Bern ergänzt dies mit öffentlichen Energieberatungen und Förderprogrammen, die nachhaltige Investitionen noch attraktiver machen.

Sollte die Sanierungspflicht für Gebäude gesetzlich stärker verankert werden?

UN: Der Kanton setzt auf eine Kombination von Anreizen und Vorschriften, um nachhaltige Entscheidungen zu fördern. Fördergelder und Steuererleichterungen sind dabei besonders wirksam. Langfristig sind aber gesetzliche Mindestanforderungen – vor allem in Bezug auf CO₂-Emissionen und Gebäudehüllen – unerlässlich. Freiwilligkeit allein reicht nicht aus, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Schon heute gibt es gesetzliche Regelungen, wie etwa das Verbot, fossile Heizungen durch fossile Heizsysteme zu ersetzen, und eine Frist bis 2031 für den Austausch von Elektrospeicherheizungen.

TR: Als Bank setzen wir auf den Förderansatz und nicht auf Bestrafung. Wenn Kundinnen und Kunden sehen, dass sie von einer nachhaltigen Sanierung nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell profitieren, steigt die Umsetzungsbereitschaft.

Nachhaltige Sanierungen sind nicht nur gut für das Klima, sondern steigern auch den Wohnkomfort und den Wert einer Liegenschaft – und das bei besseren Finanzierungskonditionen.

Thomas Riesen Leiter Ökosysteme der BEKB

Gibt es Überlegungen, zusätzliche finanzielle Anreize oder Regulierungen einzuführen?

UN: Auf Bundesebene wird über Kürzungen beim Gebäudeprogramm diskutiert – das wäre ein erheblicher Rückschlag. Der Kanton Bern setzt sich dafür ein, diese Lücke mit zusätzlichen Mitteln zu schliessen, damit die Anreize erhalten bleiben.

Wo sehen Sie Synergien zwischen dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen?

UN: Myky ist ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Banken sind wichtige Akteure, weil sie direkten Kontakt zu den Gebäudeeigentümern haben. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Finanzflüsse in eine klimafreundliche Richtung gelenkt werden. Wichtig ist auch die Vorbildfunktion: Sowohl die öffentliche Hand als auch die Banken müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Mit den Energie- und Klima-Talks bietet der Kanton den Gemeinden und der Bevölkerung eine Plattform, um sich direkt über aktuelle Entwicklungen zu informieren.

TR: Synergien bestehen vor allem in der Förderung und Information. Die BEKB organisiert Veranstaltungen mit Experten, um praxisnahe Informationen zu vermitteln. Wir betrachten den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden und zeigen die finanziellen Vorteile nachhaltiger Investitionen auf. Eine wichtige Plattform für den Austausch und Wissenstransfer bieten dabei unsere BEKB Atelier-Seminare.

Was möchten Sie den Menschen im Kanton Bern und den Kundinnen und Kunden der BEKB mit auf den Weg geben?

UN: Klimaschutz ist eine gemeinsame Verantwortung – auch gegenüber unseren Kindern. Jede und jeder kann einen Beitrag leisten. Hausbesitzer sollten die heutigen Möglichkeiten nutzen: Myky, kantonale Förderbeiträge und kostenlose Beratungen helfen dabei.

TR: Wir leben und wirtschaften in einem gemeinsamen Ökosystem. Jeder sollte sich seines Einflusses bewusst sein. Im Immobilienbereich lohnt sich langfristiges Denken – wer heute saniert, spart morgen Energie, Kosten und steigert den Wert seiner Immobilie. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, den wir gemeinsam gestalten müssen.

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